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Home » Szene News » Darknet – das Schattenreich im Internet

Drogen, Waffen und gefälschte Dokumente wandern anonym an jeden, der sie haben will – was nach endzeitlicher Verbrecher-Utopie klingt, ist im Darknet, einem Schattenreich im Internet, schon Realität.

Im Internet wird es eng für Raubkopierer: Immer häufiger gelingt es der Musik- und Filmbranche, mit erfolgreichen Schlägen gegen Filesharing-Dienste das Ökosystem für illegalen Datentausch schrumpfen zu lassen. Grund zu ausgelassener Freude ist das für Rechteinhaber allerdings noch nicht: Das Massenphänomen “Raubkopierer“ stirbt nicht aus – es taucht lediglich ab, in einen Teil des Internets, der für Suchmaschinen wie Google unsichtbar ist: das Darknet.

Das Darknet ist ein Netz im Netz: So wie über die physischen Kabel des Telekommunikationsnetzes das Internet entsteht, nützt das dunkle Netz die virtuellen Kanäle des Internets, um darüber sein eigenes Netzwerk zu errichten. Von außen betrachtet ist das Darknet kaum wahrzunehmen – hochverschlüsselt und anonymisiert laufen die Daten dort nahezu unsichtbar über die herkömmliche Infrastruktur des Internets.

Offenes Geheimnis

Was stark nach Geheimbund und Verschwörungstheorie klingt, ist in Wirklichkeit kein großes Geheimnis: Jeder kann seinen Computer zum Teil des Darknets machen, die benötigten Programme sind frei und absolut legal im Internet verfügbar. Selbst für Laien ist dieser Schritt ein Kinderspiel.

Eines der gängigsten Darknet-Netzwerke ist “Tor“. Anders als im normalen Internet, wo prinzipiell jeder User eindeutig anhand seiner IP-Adresse identifizierbar ist, bietet Tor eine wirkungsvolle Anonymisierung seiner Benutzer. Selbst mit allerhöchstem technischem Aufwand ist es nicht möglich, festzustellen, wer im Tor-Netzwerk was von wo herunterlädt. Ja selbst der Standort von Websites im Tor-Netz lässt sich nicht zurückverfolgen.

Tor schützt dadurch die Privatsphäre und Identität seiner User. Viele politisch aktive Internetuser können sich damit vor allzu neugierigen Datenschnüfflern totalitärer Regime schützen. Diesen durchaus positiven Aspekt finden jedoch nicht nur ehrenvolle Aktivisten interessant: Die anonyme Netzwerktechnik von Tor und anderen Darknet-Projekten hat sich schnell auch zum Tummelplatz krimineller Organisationen gemausert – Drogen, Waffen, gefälschte Dokumente und sogar Kinderpornografie sind hier fast so leicht zugänglich wie Bücher und CDs auf Amazon.

Der Dealer im Web

Eine der bekanntesten Tor-Websites ist der Online-Shop Silk Road. Unter einer kryptischen Internetadresse, die – wie im Darknet üblich – nicht auf .com, sondern .onion endet, gelangt man auf eine schnörkellose Shopping-Site. Hier werden illegale Substanzen von LSD über Heroin bis hin zu Psychopharmaka im großen Stil gehandelt. Zum Päckchen Kokain noch ein halbes Dutzend gefälschter Reisepässe gewünscht? Auf Silk Road ist das ebenfalls kein Problem.

Noch eine Stufe heftiger präsentiert sich der Tor-Webshop The Armory: Vom kleinen 22er-Revolver bis hin zum vollautomatischen AK-47-Sturmgewehr findet sich hier fast alles, was selbst waffenliberale Staaten verboten haben. Sogar Sprengstoff finden wird hier ganz offen angeboten: drei Kilo C4-Plastiksprengstoff zum Preis von nicht einmal 80 Euro.

Bezahlt wird in den illegalen Shops im Darknet natürlich nicht per Kreditkarte oder Banküberweisung – die Anonymität wäre damit klarerweise nicht aufrechtzuerhalten, da spätestens aus den Bankverbindungsdaten die eigene Identität ersichtlich wäre. Genau hier springt eine andere Internettechnologie ein, die komplett anonyme Zahlungen im Internet möglich macht. Die Rede ist von Bitcoin, einer Schattenwährung, die völlig ohne Banken oder offizielle Kontrollorgane im Web boomt. Wie Tor stützt sich auch Bitcoin auf ein sogenanntes Peer-to-Peer-Netzwerk, ein Netz im Netz.

Neben der Anonymität bietet Bitcoin noch einen weiteren Vorteil: Die virtuelle Währung gilt als absolut fälschungssicher. Einen Wert erhält die Bitcoin-Währung natürlich erst dadurch, dass Verkäufer (großteils völlig harmlose und legale) Waren gegen Bitcoins anbieten. Ein Bitcoin hat damit einen realen Gegenwert in klassischer Währung, der derzeit bei rund fünf Dollar pro Bitcoin liegt.

Testkauf im Darknet

Dass es sich bei The Armory nicht um Fake-Angebote handelt, sondern hier echte, funktionierende Waffen frei zugänglich für jedermann über das Internet bestellbar zum Kauf angeboten werden, bewies uns das Berliner Privatermittlungsbüro Martinek & Partner (Name von der Redaktion geändert): Im Auftrag eines deutschen Waffenherstellers, der im Darknet Vorserienmodelle ohne Seriennummer angeboten fand, wurden drei Sturmgewehre bestellt. Im Laufe von vier Wochen kamen die Waffen in Einzelteilen tatsächlich an. Wie selbstverständlich landeten die Pakete nach und nach auf dem herkömmlichen Postweg im Büro von Martinek & Partner. Kurios: Eines der Päckchen wurde kurzfristig sogar vom deutschen Zoll beschlagnahmt, nach wenigen Tagen aber freigegeben!

Sean Dryden, der für Martinek & Partner die Ermittlungen im Tor-Netz leitet, war vom Verlauf des “Testkaufs“ nicht überrascht: “Die Verkäufer sind beim Versand clever. Damit die Einzelteile weniger auffällig erschienen, wurden sie teils zusammen mit ähnlich geformten, harmlosen Metallteilen in ein Paket gepackt. Das kennen wir schon von früheren Ermittlungen in ähnlichen Fällen.“

Die Frage, ob die Untersuchungen denn auch handfeste Ergebnisse in Bezug auf die Identität der Verkäufer ergeben hätten, wollte Dryden nicht beantworten.

Schwieriges Terrain

Das ungenierte Treiben im Darknet bleibt der Exekutive nicht verborgen. “Hier handelt es sich um ein globales Problem“, weiß Leopold Löschl, Leiter des Büros für Netzwerkkriminalität im österreichischen Bundeskriminalamt. “Das Darknet ist leider nach wie vor ein Platz, an dem Kriminelle nahezu gefahrlos agieren können.“ Fahndungen innerhalb des Schattennetzes sind kaum möglich. Selbst der in Ermittlerkreisen so bejubelte Schritt zur Vorratsdatenspeicherung greift beim Darknet ins Leere. Einen Grund zur Resignation sieht Löschl dadurch nicht: “Kriminelle machen Fehler. Würden sie das nicht tun, fänden wir ja an keinem Tatort mehr Fingerabdrücke, weil alle Handschuhe tragen würden.“

Noch steht das Darknet nicht ganz oben auf der Prioritätenliste der Beamten des Bundeskriminalamtes – zu groß ist derzeit noch der Aufwand, hier Ermittlungen anzustellen. Die notwendigen länderübergreifenden Untersuchungen verpuffen oft an Reibungsverlusten durch Zuständigkeitsstreitereien und bürokratischen Hürden.

Das soll sich erst ab 2013 ändern: Das neue Cybercrime-Zentrum in Den Haag soll die Bemühungen von Europol und Interpol besser bündeln und koordinierte Aktionen in den dunkelsten Regionen des Webs ermöglichen. Allzu schnell dürfte es der Polizei dennoch nicht gelingen, Licht ins Darknet zu bringen, zu groß sind die technologischen Hürden.

Was kriminellen Waffen- und Drogenhändlern damit in nächster Zukunft noch ein sicherer Hafen sein wird, sollte den anfangs erwähnten Raubkopierern gerade recht kommen: ein rechtsfreier Raum, der sich technologisch dem Zugriff von Polizei und Copyright-Anwälten entzieht.

Letztere sehen durch die Migration des Film- und Musiktausches schon ihre Felle davonschwimmen: Was für viele auf derartige Delikte spezialisierte Anwaltsbüros zur Haupteinnahmequelle geworden ist – kostenpflichtige Abmahnungen und zivilrechtliche Klagen gegen Urheberrechtsverstöße -, könnte angesichts der neu entdeckten Anonymisierungstechnik im Raubkopierer-Milieu künftig unmöglich werden.

Im Vergleich zu den Machenschaften von Silk Road & Co scheint dieses Problem jedoch verschmerzbar zu sein.

Quelle: Format.at


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